Emma Rauch (damals 16) hatte uns zum letzten Call Vol. 04 ihre wohlargumentierte Antwort zur Frage "Sollten Menstruationsartikel in öffentlichen Einrichtungen kostenlos sein?" zukommen lassen. Auch wenn es der Beitrag leider nicht ins Heft geschafft hat, wollen wir ihn aufgrund seiner politischen Relevanz dennoch gern publik machen! Mit dem 1.1.2020 wurde die sogenannte 'Tamponsteuer' (Luxussteuer von 19% auf alle Monatshygieneartikel) abgeschafft, sodass fortan für Hygieneartikel wie Tampons und Binden ein Mehrwertsteuersatz von 7% gilt. Da ist aber noch mehr zu machen!, findet Emma:
Sollten Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen kostenlos sein?
„Ich bin stolz darauf, für diese bahnbrechende Gesetzgebung gestimmt zu haben, die Schottland zum ersten Land der Welt, das kostenlose Menstruationsprodukte allen zur Verfügung stellt, die sie brauchen", sagte die Regierungschefin Nicola Sturgeon aus Schottland auf Twitter. Schottland zahlt seit der Verabschiedung dieses Gesetzes ca. 28 Millionen Euro jährlich, damit öffentliche Einrichtungen Menstruationsprodukte zur Verfügung stellen können. Aber genau das ist es ihnen wert.
Auch die „Tagesschau“ nahm auf Instagram positive Stellung zu dem schottischen Gesetz und führte somit eine starke Diskussion herbei:
„Dann bitte auch kostenlose Rasierer für Männer. Die kosten jedes Mal ein Vermögen.“
- timbogner2020
„was für ein Sinn macht das?“
- kim.gerken
„Es gibt nichts kostenlos...jemand bezahlt
dafür!“
- ttrissl
„sehr schön! :) Das ist der richtige Schritt!“
- _ _agi_ _
Viele verschiedene Meinungen wurden zu dem schottischen Gesetz geäußert, welches öffentliche Einrichtungen dazu verpflichtet, Periodenprodukte kostenlos zur Verfügung zu stellen. (Gesetzesbeschluss am 24.11.2020) Die Frage, die sich jetzt stellt, ist:
Sollten Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden?
Ein Problem, welches dagegensprechen würde, ist, dass es zu Verschwendung und Verschmutzung führen könnte. Wenn es freie Periodenprodukte z.B. in Schultoiletten geben würde, gäbe es keine Begrenzung, wie viele Artikel man sich aneignen dürfte. Viele Menschen beklagen sich auch darüber, dass sie, wenn es so weit kommt, die sogenannte „Menstruationssteuer“ zahlen müssten. Die (hauptsächlich) männliche Gegenseite akzeptiert nicht die Zahlungspflicht für Produkte, die sie nicht verwenden, weil es sie nicht „betrifft“. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Demonstrationen gegen öffentliche Menstruationsprodukte oder zu Angriffen auf öffentliche Toiletten kommen könnte, ist relativ hoch.
Zwei der eben genannten Argumente sind für mich persönlich nachvollziehbar, aber die folgenden Argumente, die dafürsprechen, überzeugen mich in jeder Hinsicht.
Freie Menstruationsprodukte würden generell den Alltag menstruierender Personen erleichtern. Man müsste nicht immer auf dem halben Weg zur Schule oder zur Arbeit umdrehen, um sich seine Tampons etc. zu holen. Es ist leider immer noch so, dass sich viele menstruierende Menschen schämen und es manchmal sogar den eigenen Eltern nicht mitteilen.
Freie Periodenprodukte z.B. in Schultoiletten wären in solchen Situationen und auch generell eine riesige und stressfreie Entlastung für alle menstruierenden Personen. Abgesehen von dem eben genannten Fakt wäre es auch um einiges billiger! Eine menstruierende Person bezahlt im Monat durchschnittlich ca. 46 Euro für die Periode (14 Euro für sämtliche Hygieneartikel, 9 Euro für Unterwäsche, 5 Euro für Schmerzmittel, 10 Euro für Süßigkeiten, 8 Euro für Sonstiges).
Jede Person, die einmal monatlich ihre Periode bekommt, könnte Geld sparen für eine Sache, die so selbstverständlich ist. Das wichtigste und ausschlaggebendste Argument ist jedoch, dass Menschen unterhalb der Armutsgrenze, wie Obdachlose oder HartzIV-Empfänger:innen, problemlos an
Periodenprodukte kommen könnten. Das wäre ein großer Fortschritt für unsere gesellschaftliche Gerechtigkeit und würde zu Normalisierung und Transparenz des Themas führen.
Ich als menstruierende Person finde, dass kostenfreie Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen ein Muss sind. Es würde so vieles erleichtern und vielen Menschen helfen, die sich Hygieneartikel dieser Art nicht leisten können. Es macht mich traurig, dass sich manche Menschen noch für ihre Menstruation schämen müssen, nur weil die Gesellschaft die Periode als ekelhaft und unrein darstellt. Aber genau das ist sie nicht. Ein solches Gesetz, wie es in Schottland existiert, wäre also nicht nur äußerst praktisch, sondern auch ein Zeichen für Solidarität und Toleranz gegenüber allen menstruierenden Personen.
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